Was ist rechtliche Betreuung?
Betreuung meint eine rechtliche Vertretung eines Menschen im Bedarfsfall. Sie ist keine Entmündigung und stellt auch nicht automatisch eine Geschäftsunfähigkeit dar (außer bei Einwilligungsvorbehalt).
Das Betreuungsgericht legt fest, in welchen Aufgabenkreisen jemand unterstützt werden soll (z. B. Behördenangelegenheiten, Gesundheitssorge, Vermögenssorge). Sollten bestimmte Hilfebereiche nicht mehr notwendig sein, können diese vom Gericht auch einzeln wieder aufgehoben werden.
Die rechtliche Vertretung beinhaltet das Durchsetzen von Ansprüchen durch fristgerechte Antragstellung, Beauftragung von Diensten, aber auch Beauftragung anderweitiger und vorrangiger Hilfen wie zum Beispiel ambulant Betreutes Wohnen und weitere Instrumente der Eingliederungshilfe.
Ziel der rechtlichen Betreuung ist, die durch Beantragung dieser Hilfe im Rahmen von „Hilfe zur Selbsthilfe“, sofern möglich, die Selbstständigkeit im Rechtsverkehr voll wieder herzustellen. Innerhalb der Aufgabenkreise ist dem Vorrang der Selbsthilfe Rechnung zu tragen. Des Weiteren ist der Grundsatz der Nachrangigkeit der Betreuung und damit die vorrangige Inanspruchnahme anderer Hilfemöglichkeiten zu beachten. Die Betreuer*innen sollte stets hinterfragen, ob und in welchem Umfang eine rechtliche Vertretung erforderlich ist, oder ob die betreute Person die Angelegenheit nicht auch selbst erledigen kann.
Der Aufgabenbereich „Vermögenssorge“
- die Kontoführung
- die Verwaltung des Kapitalvermögens, wie zum Beispiel Sparbücher und der Liegenschaften
- das Geltendmachen von Ansprüchen, zum Beispiel gegenüber der Krankenkasse oder dem Sozialamt
- die Zahlung von Verpflichtungen, wie Miete, Strom oder Versicherungen.
- Vertretung gegenüber Gläubigern, Überwachung und Regelung der Schuldentilgung
Der Aufgabenbereich „Gesundheitssorge“
- die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen
- die Organisation von ambulanter Pflege
- ausreichender Krankenversicherungsschutz
- die Beantragung von Geld- oder Sachleistungen aus der Kranken- oder Pflegeversicherung
- die Beantragung von Rehabilitationsmaßnahmen.
Der Aufgabenbereich „Postangelegenheiten“
Post- und Fernmeldeangelegenheiten sind vom Grundgesetz ein besonders geschütztes Rechtsgut und werden deshalb als gesonderter Aufgabenkreis benannt. Der Betreuer kann Entscheidungen über den Fernmeldeverkehr treffen und die Post des Betroffenen entgegennehmen, öffnen und je nach Lage an den Betroffenen aushändigen bzw. nicht aushändigen.
Der Aufgabenbereich „Vertretung vor Behörden / Einrichtungen und Gerichten“
Dieser Aufgabenkreis ist eigentlich schon in den Aufenthalts-, Vermögens- und Gesundheitsangelegenheiten mit eingeschlossen. Dennoch wird er nochmals hervorgehoben, um mögliche Lücken bei der gesetzlichen Vertretung zu vermeiden.
Was ist die rechtliche Betreuung nicht?
Rechtliche Betreuung ersetzt keine soziale Betreuung, Pflegeleistung, Begleitdienste, Haushaltshilfen oder andere Formen von Beratung, Therapie/Behandlung. Betreuung ist auch kein Taxi-, Bring- oder Einkaufsdienst. Ebenso wenig Wohnungsmakler. Rechtliche Betreuung ist auch kein Krisendienst. In dringenden Notfällen ist meist die Polizei der Rettungsdienst, die Feuerwehr oder der sozialpsychiatrische Dienst zuständig.
Im folgenden eine Liste mit fast täglich vorkommenden Missverständnissen:
Betreuung = Bevormundung und Entmündigung?
Handlungsleitend für den/die Betreuer*in sind die Wünsche und Bedürfnisse des/der Betreuten. Alle Entscheidungen müssen, soweit möglich, mit dem/der Betreuten besprochen und abgestimmt werden.
Ein Mensch welcher rechtlich betreut wird ist nicht automatisch geschäftsunfähig. Ebenso wenig darf ein/e Betreuer*in in medizinische Maßnahmen einwilligen, wenn es der/die Betreute selbst kann!
Die Allzuständigkeit von Betreuern*innen
Nach Meinung vieler außenstehender Personen (Heimpersonal, Vermieter*innen, Ärzt*innen, Pflegepersonal usw.), die mit rechtlichen Betreuer*innen zu tun haben, muss sich diese um alles kümmern. In ihren Augen sind sie für all das zuständig, wofür sich niemand anderes findet. Beispielhaft seien hier Tätigkeiten wie Begleitung zu Arztbesuchen, Einkäufe, Putzhilfe, Umzugshilfe und Ähnliches zu nennen. Die betreuten Personen selbst erwarten häufig soziale Betreuung, z.B. häufige Besuche, Begleitung zu Unternehmungen, Fahrdienste usw., quasi als Ersatz oder Ergänzung des (fehlenden?) sozialen Umfelds wie Familie, Freund*innen und Bekannte. Tatsächlich ist die gesetzliche Betreuung ein rechtliches Instrument mit klar definierten Aufgabenbereichen. Selbstverständlich organisiere, beantrage und beauftrage ich gerne weitergehende Hilfen der sozialen Betreuung, wie z.B. Ambulant Betreutes Einzelwohnen, das Persönliche Budget u.ä. und überwache die korrekte Leistungserbringung.
Berufsbetreuer*innen müssen ständig erreichbar und immer verfügbar sein
Manche Ärzt*innen, manches Heim- und Pflegepersonal, aber manchmal auch Angehörige, sowie betreute Personen selbst erwarten von rechtlichen Betreuer*innen, dass er/sie immer erreichbar sei, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. Idealerweise muss er zusätzlich sofort persönlich erscheinen…
Warum?
Tatsächlich ist eine angemessene Erreichbarkeit wichtig. Die Möglichkeit eine Nachricht zu hinterlassen und zeitnahe Rückrufe an Werktagen sollte gewährleistet sein.
Eine ständige Erreichbarkeit außerhalb dieser Zeiten ist jedoch absolut nicht notwendig. In akuten Notlagen sind Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Notärzte die richtigen Ansprechpartner und vollkommen unabhängig vom Betreuer handlungsfähig und handlungsbefugt!
Berufsbetreuer*innen haben für nette, saubere, ordentliche, vertragskonforme betreute Personen zu sorgen…
Häufig haben dritte Personen (z.B. Vermieter*innen, Nachbarn o.ä.) die Erwartung an Berufsbetreuer*innen, das diese dafür Sorge zu tragen haben, das die betreute Person sich immer ordentlich und gesellschaftsfähig verhält. Z.B. Verhinderung von Ruhestörung, Vernachlässigung der Wohnung oder die Art und Weise wie die betreute Person mit anderen Menschen spricht/umgeht. Dies liegt aber nicht im Einflussbereich der rechtlichen Betreuung. Es besteht kein „Erziehungsauftrag“.
Die betreute Person ist verstorben – und dann?
Die rechtliche Betreuung endet mit dem Tag des Todes, d.h. Aufträge die Berufsbetreuer*innen nach dem Tod der Betreuten Person erteilen, sind nicht rechtsgültig.